Gefallen: Die Anstiftung zur Lüge

Die meisten Menschen wurden schon einmal um einen Gefallen gebeten. Die Palette reicht von Kuchen backen über Hilfe beim Auto reparieren, Blumen gießen usw. Schnell ist man bereit, einer vertrauten Person zu helfen und sagt zu. Das ist im Normalfall kein Problem, doch es gibt noch eine zweite Variante.

Die zwei Arten von Gefallen

Zum einen gibt es Gefallen, die sind hilfreich, wichtig, nett und verhelfen z.B. einer Überraschungsparty erst zur Überraschung.

Die zweite Sorte, um die es in diesem Beitrag geht, ist die Art von Gefallen, die jemanden dazu auffordern, aktiv zu lügen.

Der Gefallen: „… sag einfach, ich war bei dir …”

Anhand eines Beispiels lässt sich verdeutlichen, welche Sorte von Gefallen ich meine.

„Tu mir bitte den Gefallen und sag einfach, ich war bei dir!”

In der langen Version: „Wenn einer fragen sollte, wo ich war, sage ich, dass wir bei dir waren. Es wäre super, wenn du mir den Rücken freihältst und das Gleiche sagst.”

Lügen und die absehbaren Folgen

Jetzt könnte man sich überlegen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, dass diese Frage gestellt wird. Nur dann würde man aktiv lügen müssen und könnte anhand dieser Zahl die Entscheidung treffen, wie man auf die Frage antwortet.

Doch selbst wenn die Wahrscheinlichkeit sehr gering ist, könnte es passieren, dass man lügen muss, das ist die Gefahr Nr. 1.

Gefahr Nr. 2 ist, dass die Lüge – nachdem sie ausgesprochen ist – durch einen blöden Zufall auffliegt. Dann verliert das eigene Ansehen schnell an Wert.

Die dritte Gefahr liegt in der eigenen Gefühlswelt und ist meistens nicht offensichtlich. Stellen Sie sich vor, Sie sind in der Situation und müssen für eine andere Person lügen. Welches Gefühl überkommt Sie dabei? Zur besseren Verständlichkeit hier ein paar mögliche Antworten, mit den (unausgesprochenen) Nachsätzen:

  1. „Gut!”
    (Die angelogene Person hat das durch ihr eigenes Verhalten schließlich herausgefordert.)
  2. „Schlecht!”
    (Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen, ich lüge nicht gern.)
  3. „Alles ok!”
    (Ich muss XY schließlich den Rücken freihalten, ich kann mich auch immer auf XY verlassen.)

Nicht absehbare Folgen: Die Wahrheit liegt tiefer.

Der Nachsatz verdeutlicht, was dahinter steckt.

  1. Hier geht es um Rache.
  2. Hier geht es um das schlechte Gewissen.
  3. Hier geht es um den Missbrauch der persönlichen Beziehung oder Freundschaft.

Diese Punkte haben eine massive Wirkung auf Ihre Gefühlswelt.

Die Rache (Punkt 1)

Hinter der Rechtfertigung, an einer 3. Person Rache nehmen zu wollen, steht vermutlich eine lange Geschichte, die jedoch nicht die eigene ist. Wofür ist diese Rache? Dafür, dass einer vertrauten Person etwas (subjektiv betrachtet) Schlimmes angetan wurde?

Glauben Sie, dass es Ihre Aufgabe ist, den Rächer zu spielen? Wem helfen Sie damit? Der vertrauten Person? – Nein!

Oberflächlich betrachtet mag es so aussehen, aber tatsächlich passiert etwas anderes: Sie übernehmen die Verantwortung für die vertraute Person. So verhindern Sie, dass der Betroffene selbst für sich verantwortlich sein kann. Mit dem Helfenwollen schießen Sie über das Ziel hinaus und installieren (unbewusst) eine Abhängigkeit. Die betroffene Person ist nun nicht in der Lage, ihre Gefühle selbst zu lösen und „darf” dankbar über Ihre Unterstützung sein.

Des Weiteren ist Rache eine Möglichkeit, sich das Lügen schönzureden und vor sich selbst (und der Welt) zu rechtfertigen.

Wollen Sie das?

Das schlechte Gewissen (Punkt 2)

Das schlechte Gewissen kommt gern zum Vorschein, wenn man in eine Zwickmühle geraten ist und gegen seine Überzeugungen und Werte handeln muss. Sie möchten den Gefallen nicht ablehnen, weil Sie sich irgendwie zur Hilfe verpflichtet fühlen. Aber mit einer Ablehnung stehen Sie als der schlechte Kumpel da.

Hinter dem schlechten Gewissen steckt Ärger. Ärger über sich selbst und über die unangenehme Situation. Manchmal liegt unter dem Ärger auch noch eine starke Wut, weil man sich so fühlt, als könnte man nur verlieren – egal wie es ausgeht.

Ich gebe zu, die Wahl ist nicht leicht. Aber stimmen Sie dem Gefallen zu, müssen Sie es ausbaden und verhindern das Wachstum Ihrer Mitmenschen.

Wollen Sie das?

Im Kern findet ein Missbrauch statt. (Punkt 3)

Missbrauch ist ein hartes Wort für die Einforderung eines Gefallens oder für die Anstiftung zum Lügen. Doch die vertraute Person missbraucht die die persönliche Beziehung zu Ihnen, um sich einen Vorteil zu verschaffen. Dieser Vorteil geht auf Kosten Ihrer Gefühlswelt.

Wollen Sie sich vor einen fremden Karren spannen lassen, damit der andere seinen Streit nicht selber austragen muss?

Stimmen Sie zu? Dann müssen Sie es ausbaden!

Sie sind in diesem Fall der wahre Leidtragende. Wer lügt (im großen oder im kleinen Stil), wird Lüge zurückbekommen. Das Gesetz der Anziehung besagt: Was man in den Wald hineinruft, kommt auch wieder heraus. Ob von den Kindern, der Familie, den Kollegen oder wem auch immer. Denken Sie darüber nach, ob Sie sich dieses Geschenk erarbeiten wollen.

Vielleicht gehören Sie auch zu den Menschen, die ein großes Helferherz haben und glauben, dass es besser ist, solche Dinge für andere zu übernehmen. Sie nutzen diese Aufopferung, um sich gut zu fühlen. Aber bei Licht betrachtet, ist es das Gegenteil. Mit der Hilfsbereitschaft werden (häufig unbewusst) Abhängigkeiten geschaffen, damit man Dank und Wertschätzung zurückbekommt. Prüfen Sie, was Ihre wahren Beweggründe sind.

Hilfsbereitschaft vs. Eigenverantwortung

Wenn Sie den Gefallen ablehnen, dann hat der andere die Möglichkeit, selbst die Verantwortung zu übernehmen. Er kann vom Lügen Abstand nehmen und das Problem bei der richtigen Person zur Sprache bringen. Er kann sich für das alleinige Lügen entscheiden und selbst die Erfahrung machen, was aus dem Wald zurückkommt. Er entscheidet dann allein, ob er jemanden hintergehen möchte oder einen anderen Weg geht. Er übernimmt in diesem Fall selbst die Verantwortung.

Im Moment der Absage sorgen Sie besser für die anfragende Person und für sich selbst, als Sie sich vorstellen können.

Lehnen Sie die künstlich erschaffenen, schlechten Gefühle ab und sorgen Sie dafür, dass die andere Person sich frei und eigenverantwortlich entwickeln kann.

Ablehnung löst keine Freude aus

Dass der andere über Ihre Ablehnung (und die damit angestrebte Eigenverantwortlichkeit) erfreut sein wird, ist nicht anzunehmen. Er sieht eine Absage, fühlt sich vielleicht alleingelassen und verraten, und hat obendrein noch einen erhöhten Arbeitsaufwand. Dass es dabei um sein Wachstum geht, ist für ihn in diesem Augenblick weder erkennbar noch relevant. Er möchte den Weg des geringsten Widerstandes gehen, doch das ist nicht der beste Weg.

Was bewegt den Anstifter?

Er geht den Weg des geringsten Widerstandes. Solange andere für ihn das Lügenwerk aufrechthalten, ist er der Nutznießer, der mit keinerlei Konsequenzen rechnen muss.

Er spannt andere Leute dafür ein, um sich nicht mit dem belogenen Menschen auseinandersetzen zu müssen. Er hat Angst davor, die Wahrheit auf den Tisch zu bringen und für Klarheit zu sorgen. Er missbraucht Freundschaften und persönliche Beziehungen, um dieses Gespräch nicht führen zu müssen.

Fazit

Ich habe mich entschieden, solche Gefallen abzulehnen. Ich freue mich, wenn sich die Menschen um mich herum weiter entwickeln. Ich versuche, keine Lügen in den Wald zu rufen, weil ich nicht möchte, dass die wieder herauskommen. Aus meiner persönlichen Erfahrung haben die schlimmsten Verletzungen immer mit einer Lüge begonnen. Das braucht man nicht – keiner!

Ich versuche, die Negativität nach der Ablehnung nicht persönlich zu nehmen, da mir klar ist, dass derjenige das eigentliche Geschenk noch gar nicht sehen kann. Der Umgang damit ist nicht immer leicht. Es gelingt mir auch nicht immer, aber immer besser. Und das ist ein guter Weg, wie ich finde.

Falls Ihnen dieser Artikel geholfen hat oder falls Sie noch Fragen haben, können Sie diese gern im Kommentarfeld hinterlassen.

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Blogbeitrag: Januar 2019 / Bildnachweise: https://pixabay.com/

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