Das Ego Teil 1: Schuld sind immer die anderen!

Wie uns das Ego zum Opfer macht …

Eigenverantwortlich zu leben bedingt, die Schuld nicht bei anderen zu suchen, sondern bei sich selbst anzufangen. Eigenverantwortung bedeutet:

„Ich habe das noch nicht richtig verstanden.“ zu sagen, anstelle von „Der/Die hat mir das nicht richtig erklärt.”

„Was ist mein Anteil an der Trennung?“ zu sagen, anstelle von „Der/Die hat mich verlassen.”

„Warum löse ich diese Reaktion aus?“ zu sagen, anstelle von „Der/Die ist immer so oberschlau.”

Wie uns das Ego die Schuld auf andere schieben lässt.

Doch das Ego, in jedem Menschen vorhanden, wehrt sich dagegen und möchte die Schuld auf die anderen schieben. Das hängt mit seiner Aufgabe zusammen: Das Ego hat seit Urzeiten den Auftrag, uns zu beschützen, uns vor Gefahren zu warnen und uns eine Richtung zu zeigen, die es für sicher hält.

Darum ist es oft Schwerstarbeit, aus alten Verhaltensmustern auszusteigen: Das Ego zeigt wieder in die gleiche (alte) Richtung: Mal wieder den gleichen Typ als Partner oder Partnerin gefunden? Mal wieder zu hilfsbereit gewesen und „Ja” gesagt?

Der emotionale Schmerz und die Ego-Sicherheit

Es ist nützlich zu wissen, dass das Ego ein anderes Verständnis von sicher hat. Es ist auf die Erhaltung unseres Lebens programmiert und nicht darauf, unseren emotionalen Schmerz zu erkennen. Es versteht nicht, dass Gefühle großen Schmerz verursachen können und wir aus diesem Grund alte Verhaltensweisen hinter uns lassen wollen. Es begreift eine Situation, in der es die Folgen einschätzen kann als sicher.

Ein anderer Typus Mensch als Partner? = nicht einschätzbar.

Nach diesem Urteil schickt es uns in die einzige sichere Richtung: Bleibe bei dieser Art Mensch und sage weiterhin „Ja”.

Das Ego registriert nicht, dass es uns damit nichts Gutes tut, denn wir überleben diese Situationen im Regelfall.

Aufgabe des Egos

Findet es sich in einer neuen Situation wieder, wird diese mit allem vorhandenen Material (bisher gemachten Erlebnissen und Erfahrungen) verglichen. Es prüft, führt auf und schätzt blitzschnell ein. Alles Neue ist beunruhigend, kann demnach mangels Referenzmaterial nicht eingeschätzt werden und wird damit als zu risikoreich abgelehnt.

Das Ego erschafft eine Fake-Realität

Damit Sie das Ego nicht infrage stellen – denn es glaubt, dass könnte seinen Tod bedeuten, wodurch Sie wiederum in Gefahr geraten könnten –, verändert es Ihre Wahrnehmung. Ja – wirklich, es ist in der Lage, die Realität zu verdrehen! (Vielleicht kennen Sie das, wenn man sich nach einer Party miteinander unterhält und fast glauben möchte, dass man auf unterschiedlichen Veranstaltungen war.)

Dadurch zwingt es uns, in seine genehmigte Richtung zu gehen, zusätzlich wird seine Daseinsberechtigung bestätigt. Durch die verfälschte Wahrnehmung – die Fake-Realität – entsteht der Eindruck, dass wir das Opfer sind und die anderen schuld an der aktuellen Situation sind.

Aufbruch in die Eigenverantwortung

Sobald wir erkennen, wie das Ego uns an der Nase herumführt, können wir die Verantwortung für unser Leben übernehmen und neue Situationen in unser Leben ziehen. Wir können Ängste überwinden, emotionale Höhenflüge erleben und mehr Freude empfinden.

Doch wie erkennen wir die Fake-Realität?

Der Realitäts-Check

Es gibt eine 2-Punkte-Strategie, um dies zu testen.

1. Konkret nachfragen

Anstatt mal wieder dem Ego zu glauben, dass mich die Geschwister, die Eltern oder der beste Kumpel ausgelacht haben, spreche ich den betreffenden Menschen persönlich an. Ich frage möglichst sachlich: „Entschuldige, ich bin mir nicht sicher, aber hast du mich gestern ausgelacht?”

Die Antwort ist ein erster Hinweis.

Sagt das Bauchgefühl, dass die Antwort ehrlich ist, haben Sie eine Fake-Realität erfolgreich enttarnt. Fühlt es sich nach gelogen an? Dann könnte es sein, dass die Fake-Realität ggf. noch im Spiel ist und es geht mit Punkt 2 weiter.

2. Die Situation innerlich hinterfragen

Fragen Sie sich: „Warum sollte mich diese Person ausgelacht haben? Welchen Grund könnte es dafür geben?” Seien Sie ehrlich zu sich.

Dabei können Sätze hervorkommen wie z.B.:

  • Der/Die kann mich nicht leiden.
  • Der/Die reitet immer auf meinen Fehlern rum.
  • Der/Die ist in letzter Zeit einfach völlig komisch .

Doch solange Sie noch bei anderen Menschen suchen, sind Sie noch nicht in Ihrem Inneren angekommen. Das würde solche Sätze hervorrufen:

a) Habe ich was Dummes gesagt?
b) Habe ich etwas Lustiges gesagt?
c) Habe ich mich falsch verhalten?

Das sind echte Hinweise, warum ein anderer Mensch gelacht haben könnte.

Bei a) und b) wäre es doch auch eine Möglichkeit, dass die Person einfach gelacht hat, ohne böse Hintergedanken.

Bei c) wäre es vielleicht eine Möglichkeit, dass mein Verhalten ungewöhnlich oder überraschend war – und die Erinnerung an die Situationskomik einfach ein Lachen hervorgerufen hat.

Prüfen Sie, ob das Lachen ohne böse Hintergedanken hätte entstehen können. Wenn sich das stimmig anfühlt, dann sind Sie wieder in der echten Realität angekommen.

Ich wünsche Ihnen Mut und Erfolg für den Realitätscheck. Seien Sie gewiss: Viele Dinge sind nicht so bösartig, wie sie uns vorgegaukelt werden.

 

Zwei weitere Teile zum Thema Ego folgen.

Ende Oktober geht es im nächsten Blogbeitrag um eine andere wichtige Aufgabe des Egos: das Herausstellen der Unterschiedlichkeit. Es geht darum, besser oder auch schlechter als der/die anderen zu sein.

Im November befasst sich der Blogartikel mit dem Ego und seiner Passion, immer Recht haben zu müssen.

 

Blogbeitrag: September 2018 / Bildnachweise: https://pixabay.com/

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Kommentare:

08.10.2018, Wiebke Katzenberger

So wertvoller Input, liebe Helga!

Immer dieses Ego. Es ist förderlich. Ja, wenn es nicht der "Gott der Neuzeit" ist.
Oft sehe ich, dass einfache Aussagen, wie z.B.: "Ich liebe diesen Film!", ganz einfach durch den Zuhörenden mit seinem Ego abgeglichen wird. Statt HIN-zu-hören und die Info aufzunehmen: Sie mag diesen Film, wird dagegen (oder mit-) diskutiert. Abgecheckt... Die Info geht dabei leider verloren.

Das ICH ist so wichtig, jedoch wirds vor Allem gehalten quasi als Schutzschild (?!).

Hab einen wunderbaren Tag und mach weiter so wunderbare Arbeit!

Herzlichst Wiebke

09.10.2018, Helga Ranft

Liebe Wiebke,

vielen Dank für Deinen Kommentar, ich stimme Dir voll und ganz zu.

HIN-hören und den anderen Menschen damit einfach sein lassen, eine Tugend die sich hoffentlich weiter verbreitet. Das bietet ein so großes Potential an Zeit und Gesundheit und ist wünschenswert für Alle.

Liebe Grüße

Helga