Versprochen ist versprochen …

… und was passiert, wenn man absagen muss?

Wie ist das unter Freunden und Freundinnen, wenn man einen vereinbarten Termin absagt? Geht das gut? Fühlt man sich verstanden und respektiert oder bekommt man den Missmut des anderen voll ab? Und falls ja, wie geht man mit dem Ärger des anderen um?

Um das an einem konkreten Beispiel festzumachen, folgt eine kleine Geschichte.

Die Situation

Zwei Freundinnen, Heidi und Clara, haben sich verabredet, um sich in zwei Wochen – am Samstag – einen schönen Abend zu machen. Erst gemeinsam essen gehen und etwas quatschen und danach zu einer Party. Alles ist gut, bis zwei Tage vorher. Dann sagt Heidi den Termin ab.

Was passiert dann?

A: Clara akzeptiert das.

B: Clara ist sauer.

C: Clara fragt nach: „Warum?”

Situation A ist unproblematisch, die beiden haben eine respektvolle Art, miteinander umzugehen, hinterfragen nicht und akzeptieren die Aussage.

In Situation B werden von Clara Vorwürfe geäußert. Sie macht ihrem Ärger oder ihrer Wut ausreichend Luft. In vorwurfsvoller Tonart teilt sie Heidi mit, wie unfair diese Absage ist oder dass sie sich diese Unzuverlässigkeit nicht mehr bieten lässt.

Die Vorwürfe dienen dazu, Heidi ein schlechtes Gewissen zu bereiten. Claras Absicht ist zwar unbewusst, aber manipulativ. Damit soll Heidi veranlasst werden, die Absage zurückzunehmen, um den Abend wie geplant zu verbringen.

Welche Auswirkungen das Verhalten von Clara tatsächlich auf eine Freundschaft hat, steht weiter unten.

In Situation C stellt sich die Frage, warum Clara das überhaupt wissen möchte.

Hier stehen die Chancen 50/50. Entweder ist sie neugierig und egal welche Antwort, Begründung oder Rechtfertigung kommt: Sie nimmt es ohne weiteren Kommentar hin.

Oder Clara bewertet die Antwort aus ihrem Blickwinkel und prüft, ob eine ausreichende Wichtigkeit vorliegt, um diesen Termin abzusagen. Falls das Ergebnis „ja” lautet, ist alles gut. Es gibt keine Missstimmung und sie vereinbaren einen neuen Termin.

Trifft das nicht zu, äußert Clara konkrete Vorwürfe, wie z.B. die Aussage darüber, wie enttäuscht sie ist, dass dem gemeinsamen Abend etwas so Unwichtiges vorgezogen wird. Heidi bekommt den Zorn, die Enttäuschung oder den Ärger von Clara voll zu spüren. Die Auswirkungen sind wie in Situation B.

Folgenreicher unbewusster Mechanismus

Einer Freundin oder einem Freund ein schlechtes Gewissen zu machen, ist meistens ein unbewusster Mechanismus, der automatisiert startet.

Der Grund dafür ist, dass der Abend nicht mehr wie geplant verlaufen kann und die Vorfreude verschwindet. Was sind die Alternativen? Den Abend allein verbringen oder sich noch die Mühe machen, eine Alternative zu suchen – auf den letzten Drücker? Allein zu der Party gehen? Die Aussichten auf die Alternativen lassen lieber den Mechanismus aktiv werden, um das „schlechte Gewissen” hervorzurufen und damit eine Chance auf den geplanten Abend zu erhalten.

Die Auswirkungen

Die Freundschaft leidet darunter. Für den Absagenden ist es immer ein Kampf gegen schlechte Gefühle, wenn die Entscheidung nicht akzeptiert wird. Kommt das häufiger vor, wird das vermutlich die Verabredungen auf ein Minimum reduzieren.

Vom Empfänger geht vor der Bewertung häufig ein Zwang zur Rechtfertigung aus. Wenn der Absagende das schon weiß, wie ehrlich darf er noch sein? Muss er dramatisieren, um ohne Vorwürfe aus der Verabredung zu kommen? Muss er lügen, damit er nicht die Enttäuschung des anderen zu spüren bekommt?

Auch die Bewertung einer Entscheidung ist fragwürdig. Der Empfänger hat eine andere Perspektive und diese ist für den Absagenden nicht relevant, er richtet sich nach seinen Prioritäten.

Die ungefragte Bewertung grenzt an übergriffiges Verhalten. Damit wird die Kompetenz des anderen infrage gestellt, richtige Entscheidungen treffen zu können.

Will man unter solchen Gesichtspunkten eine Freundschaft aufrechterhalten?

Für die Freundschaft

Behält man als Empfänger der Absage erst einmal die Ruhe und schaut dann bei sich nach, welche Gefühle hochkommen, bevor sie dem anderen entgegengeschleudert werden, dann ist das ein guter Schritt in die Richtung einer echten Freundschaft.

Selbst zu reflektieren, warum man sauer ist oder eine Rechtfertigung für die Bewertung hören möchte, lässt die eigenen Mechanismen in einem deutlichen Licht erscheinen. Die Erkenntnisse helfen dabei, den automatischen Mechanismus zu unterbrechen und die Entscheidungen anderer zu akzeptieren.

Macht man als Absagender die Erfahrung, dass die Entscheidung respektiert wird, ohne hinterfragt oder bewertet zu werden, öffnet es die Möglichkeit zu einer besseren und ehrlichen Verständigung.

Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Ich freue mich über einen Kommentar von Ihnen.

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Blogbeitrag: November 2019 / Bildnachweise: https://pixabay.com/

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