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Hochsensibilität: Fluch oder Segen?

Was macht eine Person, die hochsensibel ist, denn so besonders? Was sich nach „sensibel, nur viel besser“ anhört, ist häufig ein Zwiespalt für die Betroffenen, da sich die Vorteile im Umgang mit normal sensiblen Personen oft als Herausforderung darstellen. 

Wie kann ich mir Hochsensibilität (HSP) vorstellen?

Zur Verdeutlichung möchte ich Ihnen ein Beispiel geben. Stellen Sie sich vor, Sie gehen durch eine Fußgängerzone. Es ist nicht so voll und während Sie zügig an den Geschäften vorbeigehen, registrieren Sie Folgendes:

  • Der Bäcker hat Brötchen im Angebot.
  • Der Schuhhändler dekoriert das Schaufenster gerade neu.
  • Der Bekleidungsladen macht einen Räumungsverkauf.

Geht ein Mensch, der hochsensibel ist, die gleiche Strecke, in der gleichen Geschwindigkeit, prasseln wesentlich mehr Informationen auf ihn ein.

  • Der Bäcker hat die Brötchen im Angebot. Diesmal gibt es zwei Varianten, drei Körnerbrötchen oder zehn normale. Im Laden ist viel los, acht Personen stehen in der Schlange und die sechs Tische sind fast vollständig besetzt. Eine Verkäuferin macht eine Raucherpause vor dem Laden.
  • Der Schuhhändler dekoriert das Schaufenster gerade neu. Zwei Drittel der Fläche sind schon in frischen Herbstfarben mit Blättern und Tüchern gestaltet und 17 Schuhmodelle stehen bereits mit Preisen versehen an der richtigen Stelle. Die Dekorateurin steht auf weißen Socken im Fenster. Sie trägt eine dunkelrote Jeans, ein weißes Langarmshirt und eine Holzkette. Ihre Kurzhaarfrisur hat blonde Strähnchen und die Brille ist ein aktuelles Modell.
  • Der Bekleidungsladen macht einen Räumungsverkauf. Der Umbau findet in 14 Tagen statt und es gibt verschiedene Angebote für die jeweiligen Bekleidungsständer: ab 19,95 Euro, ab 34,95 Euro, ab 49,90 Euro und für die Restposten, die an der Seite stehen, werden 9,95 Euro verlangt. Eine Verkäuferin sortiert unterschiedliche Ware auf Kleiderbügeln ein. Drei Personen suchen gerade nach Oberteilen und ein Grundschüler streitet sich mit seiner Mutter. 

Das sind NUR die visuellen Eindrücke, die auf dieser kurzen Strecke wahrgenommen werden. Auch die anderen Sinne werden mit weiteren Reizen überschüttet: die Gesprächsfetzen der Mitmenschen, die unterschiedlichen Gerüche sowie laute und leise Geräusche sorgen für einen permanenten Zustrom von Informationen.

 

Der „Fluch“ der Hochsensibilität

Das Gehirn wird mit Reizen und Eindrücken überflutet. Es versucht, alles in geordnete Bahnen zu lenken, um die korrekte Verarbeitung sicherzustellen. Eine vorherige, ausgiebige Selektion nach „wichtig“ und „unwichtig“, wie sie bei normal sensiblen Menschen automatisch erfolgt, gibt es fast nicht.  

Die Auswirkungen

Das Gehirn wird ständig gefordert und hat einen dementsprechend hohen Energiebedarf, der die vorhandenen Ressourcen schnell aufbraucht. Der Körper macht mit so gut er kann. Doch irgendwann geht nichts mehr; vielleicht nimmt die Müdigkeit zu oder die innere Forderung nach Rückzug und Abschottung lässt sich nicht mehr umgehen. Viele haben die Erfahrung gemacht, dass es sinnvoll ist, diesen Impulsen nachzugehen, damit ihr Körper wieder Kraft sammeln und das Gehirn alles verarbeiten kann. 

Machen wir uns nichts vor, das war nur EIN Beispiel von vielen Situationen, die hochsensible Menschen im Alltag bewältigen müssen. Wie muss sich die Reizüberflutung anfühlen, wenn man mit einem vollen Bus zu einem Meeting fährt, das Meeting voller Konfrontationen ist und es im Anschluss auf eine größere Veranstaltung geht? Dann heißt es nur noch „Weg hier“ und der HSPler sieht sich zu allem Übel noch mit unangebrachten Kommentaren zu seiner Verabschiedung konfrontiert: „Du kannst noch nicht gehen!“, „Du kannst doch nicht schon müde sein!“ oder „Nie bleibst du bis zum Schluss!“ 

Hört sich das nach einem Vorteil an?

 Vorteil: Hochsensibilität bringt Klarheit!

Treffen hochsensible Menschen auf „Normalos“, werden nicht nur die visuellen und auditiven Impulse aufgenommen, auch olfaktorische und taktile Daten werden per Nase, Zunge und Tastsinn übermittelt.

Viele HSPler sind in der Lage, die tieferen Schichten ihrer Mitmenschen wahrzunehmen. Zum Beispiel können Hochsensible ziemlich detailliert zuordnen, warum der Gesprächspartner gerade laut wird. Sie erkennen häufig den eigentlichen Beweggrund und könnten diesen benennen. (Was sie meist jedoch nicht tun.) 

Zusammenhänge erschließen sich einem HSPler wesentlich schneller und mit größerer Klarheit, egal ob es um Lösungen für Projekte geht oder um das, was in einem Menschen vorgeht. Das klingt nach einem Vorteil, aber es wirft direkt ein neues Problem auf. 

Der Nachteil der Klarheit!

Hochsensible Menschen können häuft eine gute Lösung vorbringen, doch das nicht unbedingt auf Gegenliebe. Viele normal sensible Menschen fühlen sich eher ertappt, überrumpelt oder vorgeführt, als dass sie die (längst durchdachte) Lösung annehmen können. Weisst der HSPler im Sinne der Prozessbeschleunigung darauf hin, kommt das in der Regel nicht gut an. Ob aus Betroffenheit, Neid, Angst oder anderen Befindlichkeiten: Es gibt nicht viele Menschen unter den „Normalos“, die an dieser Stelle anders reagieren. 

Vermutlich sieht es im freundschaftlichen Kontext deutlich positiver aus.

Was denn jetzt: Fluch oder Segen?

Es ist für die Betroffenen – oder für die mit dieser Fähigkeit gesegneten Menschen – zumeist eine Gratwanderung. Menschen, die hochsensibel sind, können Projekte und Menschen wirklich schnell voranbringen, wenn das Umfeld frei von persönlichen Befindlichkeiten ist, einer Reflektion nicht abgeneigt ist und man gemeinsam vorankommen möchte. 

HSPler können kaum nachvollziehen, dass ein normal sensibler Mensch bestimmte Zusammenhänge nicht erkennen kann und verzweifeln daran, dass „unlogisch“ agiert wird oder extreme Umwege in Kauf genommen werden, um zu einer guten Lösung zu gelangen. 

Das ständige Einschätzen der besten Herangehensweise ist sehr anstrengend. Die negativen Reaktionen des Umfelds machen den Grat, auf dem man sich bewegt, sehr schmal und „gefährlich“. Immer auf der Hut zu sein, immer mit Gegenwind, Unverständnis und Neid kämpfen zu müssen, und das macht bei all der Langsamkeit wirklich keinen Spaß. Dabei könnte es so einfach sein …

Fazit

Es lässt sich nicht genau definieren, wie jeder Mensch, ob normal- oder hochsensibel mit dem jeweils anderen Menschenschlag umgehen soll, aber mit etwas mehr Verständnis seitens der „Normalos“ wird es schon besser.  Die HSPler aus meinem Umfeld haben sich, weil ihnen nichts anderes übrig geblieben ist, mit der Langsamkeit der anderen arrangiert. 

Aus der Hochsensibilität resultieren viele positive Aspekte. Wer es schafft, das Beste aus seiner Fähigkeit zu machen, dieses in seiner Tätigkeit mit Erfolg und Wertschätzung einbringen darf und die persönlichen Nachteile minimieren kann, der ist auf dem richtigen Weg zu einem leichteren Leben. 

Einige Fragen zu diesem Thema werden im Impuls-Vortrag „Hochsensibilität – Potenzial im Alltag nutzen“ beantwortet und erste Lösungswege aufgezeigt. Hier geht es zu den aktuellen Terminen.

In den Intensiv-Workshops (für max. 10 Teilnehmende) geht es um das Kennenlernen und Testen unterschiedlicher Methoden und Tools, um die positiven Aspekte der Hochsensibilität besser im Alltag nutzen zu können. Aktuell sind keine Termine definiert, aber das lässt sich bei Bedarf schnell ändern 😊. 

Schreiben Sie mir gern einen Kommentar oder eine E-Mail dazu.

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